Donnerstag, 16. März 2017

Fünf Uhr morgens



Die Vögel zwitschern in diesem Moment vor der Dämmerung, wenn ich schon erahnen kann, ob der Himmel klar ist oder wolkenverhangen, ein deutlicher werdendes Bild von meinem Atem in der kalten Spätwinterluft. Es ist so ruhig, und in mir ist noch alles laut von einer mit dem Bass durchtanzten Nacht, ich weiß, ich schreie, ganz egal, wie nüchtern ich bin, aber mein Herz rast und meine Augen funkeln und der Schweiß auf meiner Haut lässt mich ein wenig frösteln, aber eigentlich spüre ich die Kälte kaum. 

An meinem Rücken die kalte Steinmauer und vor mir dein heißer Körper, dein Herz schlägt im selben Beat wie meins, unsere gemeinsam machen dasselbe Bumbum wie der Bass im Club hinter der Wand, die uns stützt. So etwas wie Öffentlichkeit existiert nicht um fünf Uhr morgens, in dieser Stunde, bevor die Sonne aufgeht und ein neuer Tag beginnt, in dieser Stunde, bevor man sich wieder besinnt, in der man seinen Kopf wieder einschaltet, all das spielt keine Rolle um fünf Uhr morgens. 

Langsam blenden deine Hände das Geräusch der Taxireifen auf nassem Asphalt aus, die betrunkenen Rufe in der Ferne rücken weit weg und ich vergesse, das wir Fremde sind, denn du fühlst dich vertraut an. Ich bin hellwach in diesem Moment, wenn Hitze und Kälte zwischen uns aufeinander prallen in dieser einen Stunde im Halbdunkel, wenn du betrunken bist, vom Alkohol, von einer durchtanzten Nacht, vom Schlafmangel, wenn du nicht mehr denken kannst, nicht mehr denken willst.

Fünf Uhr morgens, da bin ich frei. 

Ich bin wach wie nie und müde wie lange nicht mehr, meine Gedanken hören auf, sich zu drehe. Ich breite meine nackten Arme aus, egal wie kalt es, lege den Kopf in den Nacken und lache, weil das Leben diese Stunden für mich bereithält. Stunden im Morgengrauen, gedankenlos, gewissenlos, geräuschvoll und intensiv. Echt und frei. Bis ich die Tür hinter mir schließe und alles ganz ruhig wird. 

Als mir klar wird, dass ich vergessen habe, dich nach deinem Namen zu fragen, muss ich lächeln.
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