Es
ist mein fünfzehnter Geburtstag und zugleich der erste Schultag an einer neuen
Schule. Ein Neuanfang, schon wieder alleine unter Fremden, schon wieder an
meinem Geburtstag, ich trage meine neuen Converse, das erste originale Paar,
eine Sonderedition, die ich immer noch habe. Ich betrete den Klassenraum, die
meisten sind schon da, und gleich bei der Tür in der ersten Reihe sitzt du, du
wirkst anders als die anderen, ich mag deine Haare, deine Unisex-Kleidung und
deine Ausstrahlung. Der Platz links neben dir ist noch frei, und ich setze
mich, dich will ich kennenlernen. Unbedingt. Ein paar Minuten später beginnt
der erste Schultag und wir sollen unsere Namen auf Schilder schreiben. Deines
war knallgelb, daran erinnere ich mich, als wäre es gestern gewesen.
Knapp
sieben Jahre sind vergangen und das Meer rauscht hinter uns, Sazu, der Hund
läuft mal vor uns mal hinter uns und die Sonne scheint von einem wolkenlosen blauen
Himmel in Marokko. In den Wiesen rund um uns blühen knallorangene Blumen und
gerade erzählst du mir, dass das dein Lieblingsorange ist. Ich denke, das passt
zu dir und muss an dein Namensschild von vor sieben Jahren denken. Du bist
Farben, und zwar knallbunte, das warst du schon immer und es ist schön, dass
sich das nicht geändert hat.
Freitag,
10. Februar 2017, und ich habe meinen Flug gebucht, für Dienstag. Du hast mich
schon vor Monaten eingeladen, aber ich musste erst noch auf meinen neuen Pass
warten. Ich bin aufgeregt, irgendwie habe ich mich selbst überrumpelt mit
dieser Reise. Zugegeben, ich zweifle daran, ob das eine so gute Idee war, aber
ich schiebe den Gedanken weit weg, ignoriere ihn vorerst, mir bleiben noch drei
Tage, um alles zu organisieren. Das wird schon werden, zumindest habe ich ein
Date zum Valentinstag, oder?
Dienstag,
14. Februar 2017, ich stehe nach einer viel zu kurzen Nacht, schaffe die Hälfte
von dem nicht, was ich machen wollte, aber dafür bin ich wenigstens rechtzeitig
am Bahnhof. Weniger aufgeregt als vielmehr schon gelangweilt von der Aussicht
auf eine dreistündige Zugfahrt und drei Flüge. Trotzdem bin ich glücklich,
immer, wenn es losgeht, eine neue Reise und ein neues Abenteuer beginnt, merke
ich, wie sehr mir dieses Unterwegs-Sein fehlt. Landschaften, die vorüberziehen,
tausend fremde Gesichter an nur einem Tag, vor Jahren erlernte Sprachkenntnisse
hervorzukramen und Wartezeiten mit Büchern und Musik zu vertreiben. Vertrautes
in Fremdem zu erkennen, weil am Ende doch jeder Bahnhof, jeder Flughafen, jeder
Ort in wenig dem anderen gleicht.
Kurz nach 21:00 Uhr Ortszeit komme ich in Rabat an, ich bin ein wenig nervös, frage mich, ob du wirklich auf mich warten wirst, oder ob ich am Ende ohne Schlafgelegenheit auf einem fremden Kontinent dastehe. Aber da warst du, und es war so ein bisschen, als wären nicht sechs Jahre zwischen damals und heute gewesen. Wahre Freundschaft eben. Und gleich nach fünf Minuten haben wir festgestellt, dass drei Tage wohl viel zu kurz sein werden – nicht nur, um alles zu sehen, sondern vielmehr auch, um alle Gespräche nachzuholen, die wir in den letzten Jahren nicht geführt haben.
Und genau damit beginnt mein erster Urlaub außerhalb Europas, mit einem Spaziergang bis spät in die Nacht, es war weit nach Mitternacht, als wir endlich ins Bett gekrochen sind, und es war keine Minute dabei, in der wir nicht geredet haben. Geschichten ausgetauscht. Erzählt, und Meinungen ausgetauscht, Ansichten verglichen. Irgendwann um drei bin ich dann ins Bett gefallen.
Die nächsten Tage waren genauso, mit blauem Himmel, Meeresrauschen, Palmen und Road Trip Feeling, auch wenn diese drei Tage viel zu kurz waren, um Marokko zu erleben. Aber es hat für einen richtig guten ersten Eindruck gereicht. Ich habe mich verliebt, vor allem Essaouira, eine wunderschöne Hafenstadt in der Nähe von Marrakesch.
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